Hier ist ein Link zur Seite des Vaticanmagazins, dort findet man das Interview, zum Nachlesen.
Ich will nicht das ganze Interview kommentieren, aber zwei Dinge haben mich doch schon aufgeregt und die erlaube ich mir mal zu kommentieren:
M.: Wir müssen uns aber fragen, wieso es in katholischen Internaten gerade in den unmittelbar auf das Zweite Vatikanische Konzil folgenden Jahren geghäuft zu Sexualstraftaten von Priestern gekommen ist. Es führt kein Weg an der bitten Erkenntnis vorbei: Das Experiment des "Aggiornamento", der Angleichung der Kirche an die säkularisierte Welt, ist auf furchtbare Weise gescheitert.
Ich wage zu bezweifeln, dass es am Konzil liegt, dass es zu sexuellem Missbrauch kam. Ein gewisser Walter Mixa, emeritierter Bischof, hat, vielleicht in zu polemischer Weise, für diese schlimmen Dingen die sog. sexuelle Revolution verantwortlich gemacht. Ich neige dazu, ihm in diesem Fall Recht zu geben. Das hat mit dem Vaticanum II nun wirklich nichts zu tun.
Und außerdem, Aggiornamento bedeutet doch nicht Angleichung an eine säkularisierte Welt, nicht Angleichung ist das Stichwort, vielmehr Hinwendung. Hinwendung um der Menschen willen, um ihnen zeitgemäß das Evangelium zu verkünden.
M.: Ich bin aber davon überzeugt, dass man eines Tages, wenn erst genügend Abstand da ist, die chinesische Kulturrevolution und die römische Liturgiereform in einem engen Zusammenhang begreifen wird.
Holla, starker Tobak. Eine "Revolution", die viele Tote gefordert hat und für Unrecht an unzähligen Menschen verantwortlich ist und die Liturgiereform in einem Atemzug zu nennen, das ist schon echt stark. Implizit schwingt da ja, jedenfalls nach meinem Verständnis, mit, dass er die kommunistische Revolution in China vergleicht mit einer (auch?) kommunistischen Reform in Rom?
2 Kommentare:
Also daß Mosebach das II. Vatikanische Konzil für den Mißbrauch verantwortlich macht, ist so nicht richtig, wenn Du noch einmal genau seine Formulierung liest.
Daß dieses Konzil in manchen Einrichtungen durch Fehlinterpretation verheerende Folgen gehabt hat, ist eher ein soziologisches Problem.
Wir haben uns leider daran gewöhnt, Ereignisse wie die Kulturrevolution nur an den schlimmsten Folgen zu messen, also an den Menschenleben, die dabei vorzeitig und gewaltsam beendet wurden. Daneben werden alle anderen Folgen wie zum Beispiel der Verlust der Meinungsfreiheit, die Zerstörung intellektueller Bevölkerungsschichten durch Arbeitsverbote, Inhaftierung, Hausarreste etc. pp dem schon nachgeordnet, die Zerstörung von Kulturgütern,Traditionen, etc. pp., was die Gesellschaft entwurzelt und über Generationen nachhaltig (zer-)stört, daneben vergessen. Wenn wir also Mosebach verstehen wollen, so geht es ihm -und dies läßt sich an verschiedenen Stellen in seinen Publikationen nachlesen- um die Nachhaltigkeit der religiös-kultureellen Entwurzelung breiter Bevölkerungsschichten, deren Ausmaße man erst dann richtig einzuschätzen weiß, wenn man sie mit revolutionären Veränderungen in ein Verhältnis setzt, die ähnlich weitreichende Folgen hatten. Insofern ist sein Vergleich treffend, wenn man die kulturellen Folgen der Kulturrevolution in den Blick nimmt, von denen sich China wahrscheinlich niemals mehr erholen wird.
Vergleichen wir, mit welchem Feuereifer in so vielen, ja viel zu vielen Pfarreien das zerstört worden ist, was der letzte Krieg noch übrig gelassen hat, so gibt es neben den Bilderstürmern der Reformation kaum Vergleichswerte, die uns die Unglaublichkeit dieser Vorgänge begreiflich machen könnten. Das gilt für den Kirchbau. Die Zerstörung der allgemeinen Gebets- und Frömmigkeitskultur, die versuchsweise Ende des 18. Anfang des 19. Jh. von wohlmeinenden, aufgeklärten Pfarrern "nach den Regeln der Vernunft" nicht geschafft wurde, fand ihren verheerende Vollendung in den Jahrzehnten des "Aufbruchs" des 20.Jh's.
Das ist alles gut beobachtet und fein erklärt bei Mosebach.
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